Schildkröten ... und wie sich die Moral und Ansicht dazu verhält

Alles war besser ? Wirklich alles ? Nun ja.

Sicherlich ist der Mensch heutzutage fauler, die Technik erlaubt es ihm. Nichtsdestotrotz ist die allgemeine Weltweite Lebenserwartung gestiegen und immer noch am steigen.
Natürlich verteilt sich die Tendenz je nach Kontinent und Staat - die Lebenserwartung in Deutschland ist klarerweise höher als die afrikanischer Staaten, aber auch dort steigt die allgemeine Lebenserwartung, wenn auch mit geringerem Tempo. Wir leben länger, und jeder von uns (ich beziehe mich jetzt mal exemplarisch nur auf Deutschland) hat die Möglichkeit zwischen tausenden Wegen, sich einen gesunden Lifestyle anzueignen. Die Tendenz zeigt, dass immer mehr junge Menschen für einen gesunden Lebensstil interessieren, die Fitnessstudios boomen, überall öffnen vegan-only-Läden, es gibt hunderte Fitnessapps und es war dank Internet nie einfacher, sich Wissen über eine gesunde Lebensweise anzueignen.

Klar - niemand kann leugnen, dass beispielsweise in den USA ein erschreckend großer Anteil an Jugendlichen übergewichtig ist. Es ist eben die eigene Entscheidung, welche Lebensweise man sich aneignet. Aber ich schätze, mit dieser und der kommenden Generation bildet sich eine zumindest ansatzweise umweltbewusstere, alternativere, ökologischere Jugend, die mehr auf sich selbst und die Umwelt achtet. Wie gesagt, ansatzweise. Es bedarf, vor allem in Sachen Umweltschutz immer noch einiger grundlegenden Änderungen - vor allem in der Denkweise vieler Menschen. Aber hey, die Industrialisierung ist gar nicht mal so lange her (knapp 200 Jahre, das ist genau genommen ein Witz) und "schon" befindet sich z.B. Deutschland auf einem etwas umweltfreundlicheren Kurs - siehe Atomkraft, siehe alternative Energieforschung etc. pp.

Also, wir sehen, dank der medizinischen Fortschritte lebt der Mensch länger und er kann sich Wissen aneignen, das ihm hilft, gesünder zu leben.
Daneben sieht man die fortgeschritteneren Auswirkungen der Aufklärung, die allgemein dazu führen, dass der durchschnittliche (europäische, um es nicht zu kompliziert zu machen) Mensch durchaus humanistischer ist, als er es z.B. noch Anfang des 20. Jahrhunderts war. Okay, niemand leugnet, dass schlimme Dinge, wie Rassismus, Antisemitismus, Sexismus etc. noch existieren. Aber hey - ich glaube ich lehne mich nicht weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass es in ganz Europa vor hundert Jahren noch zum guten Ton gehörte, Juden als unterprivilegierten Menschen zu behandeln - das wurde nicht von den Nazis erfunden, es war schon da, es wurde nur ausgenutzt und extremisiert. Heutzutage hat sich das Bild geändert - wenn auch, wie schon gesagt, es immer noch gewisse Tendenzen gibt, die aber allgemein in der Gesellschaft wohl eher (im Vergleich zum vorherigen Jahrhundert) abgelehnt als unterstützt werden.
Allgemein ist die persönliche Freiheit des Individuums in der Gegenwart größer denn je - es gibt Möglichkeiten der Bildung, der Entwicklung, der Karriere, die es so niemals gab. Wir sind gerade dabei, dieses humanistische Bild weltweit zu exportieren - sei es, indem wir althergebrachte Frauenbilder in "traditionelleren" Ländern zu bekämpfen versuchen, Schulen in Afrika bauen oder anderes.

Ich glaube wirklich, die Tendenz zu sagen, dass "früher alles besser" war, rührt daher, dass vieles, was früher tatsächlich mal war, euphorisiert wird. Das ist ein Zeichen der Nostalgie, der man übrigens auch anhängen kann, ohne jemals in der Zeit gelebt zu haben. Man erwähnt die guten Seiten, lässt aber die eigentlich offensichtlich schlechten weg.
Ja, früher mehr für sich selbst angebaut. Ja, die Menschen waren früher nicht so faul und sind tatsächlich zu Fuß zum Bäcker gegangen und ja, die Umweltverschmutzung war damals noch nicht so schlimm, wie sie es heute ist.
Aber man darf nicht vergessen, dass Rassismus gang und gäbe war - frag mal einen Farbigen, ob er auch denkt, "dass früher alles besser war". Man darf nicht vergessen, dass die Menschen vielleicht weniger übergewichtig waren, aber dafür auch viel, viel kürzer gelebt haben und auch viel entbehrlicher. Kinder mussten für ihre Eltern in Minen arbeiten. Ich erinnere mich an meinen etwa 75-jährigen Musiklehrer, der mit 13 "auf der Grub geschafft" hat.
Eine Rückkehr zum Tauschhandel ist utopisch. Selbst wenn der Mensch - wie es sich nicht wenige wünschen - durch eine Katastrophe auf eine ursprünglichere Zivilisationsstufe zurückgeworfen werden würde, so würde er mit der Zeit wieder auf den Gedanken einer Währung kommen. Es ist einfach so viel praktischer. Und viele der Dinge, die wir heute bemängeln (sei es Viehzucht, die Erfindung der Währung, das Bilden von Staaten, die Industrialisierung) waren von Nöten, um dem Menschen auf lange Sicht gesehen an die Spitze der Nahrungskette zu bringen und in einigen Zeitaltern war es auch mehr als überlebenswichtig, bestimmte Techniken (Ackerbau zum Bleistift) zu entwickeln.

Erst jetzt in der Gegenwart sind wir in der Lage, uns den "Luxus" zu leisten, über unser Pflichtbewusstsein gegenüber der Natur nachdenken zu können.
Es gibt weltweit positive Tendenzen - aber es ist auch klar, dass da einfach mehr geleistet werden muss. Es ist eben einfach eine unglaublich schwere Sache, neben all den weltweiten Kriegen, den Hungersnöten, den Naturkatastrophen die von vielen Menschen angeklagten unmoralischen Systeme (Massenzucht, Umweltverschmutzung..) durch moralischere (nachhaltige Zucht, alternative Energien..) zu ersetzen.
Vieles scheitert noch am Menschen selber - aufgrund seines Machverlangens, politischer Kriege, fehlender Verantwortungshaltung - und vieles scheitert auch einfach an der technischen Umsetzung (alternative Energien zum Bleitstift, die nicht überteuert sind und auch noch eine gleiche Effizienz bieten --> da brauch die Wissenschaft einfach noch ein paar Jahrzehnte.