[Offtopic Story] Niedergang (Teil 1 bis 5)

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      [Offtopic Story] Niedergang (Teil 1 bis 5)

      Liebe Leser,

      was nun folgt ist ein neues Gebiet, auf dem ich mich autorial bewege und bitte daher etwas um Nachsicht. Ich weiß noch nicht ganz, wohin mich dieses Werk führen wird, aber wenn es Euch gefällt, oder auch, wenn es Euch nicht gefallen sollte, zögert bitte nicht es mir mitzuteilen. Ich freue mich über jede Kritik. :)

      Vorab möchte ich aber noch @ProfessorGast und @Azidial für die Inspiration zu folgender Geschichte danken ^^ .

      Edit: Teil 1 bis 5 sind nun als PDF angehängt :) .

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      Theatralisch schwingt die Straßenleuchte über dem zerfurchten Asphalt der einstigen Kreuzung. Moose und Unkraut überwuchern die Teerdecke im Akkord, brechen Risse wie Platzwunden in den Grund und Boden, der einst das menschliche Leben beförderte. Surrend vor Spannung ranken sich Kabel wie platzende Gummischlangen um die stattlichen Überreste der Oberleitungsmasten, die majestätisch im Glanz des kupferroten Rosts dahinsiechen. Vor mir, das brache Gelände des Stadtparks, übersät mit aschgrauen Baumstümpfen und vertrockneten Büschen. Einzig die Teiche, welche auf dem modrigen Grün wie hingetupft wirken, lassen noch erahnen, was für eine grüne Lunge diese Stadt einmal beherbergte. Doch trügt der Schein, von Säuren und Schwermetallen belastet, wäre auch nur ein winziger Tropfen der tümpligen Teichplatte für jedes Geschöpf tödlich.

      Wasser und Nahrung sind knappe Güter geworden, deren Beschaffung weit höhere Strapazen mit sich bringt, als das es auch nur eine verdammte Seele auf diesen verdammten Planeten wert wäre, sie auf sich zu nehmen. Und doch streben wir, die Verbliebenen, danach unsere Art zu erhalten, sie mit dem Nötigsten zu versorgen und vor all den neuen Gefahren in dieser Hölle zu schützen. Dies ist nun der Beginn einer neuen Ära. Eine Episode im großen Serien-Karussell der Weltgeschichte. Ein kaum zu spürender Luftzug in den Weiten unserer Galaxie. Unsere Evolution hat das Ende erreicht.

      Meine Geschichte ist nur eine von Millionen und wahrlich nur Sinnbild für das Schicksal vieler. Hätte ich sie vor zehn Jahren erzählt … wer hätte mir das Ausmaß unseres Handelns wirklich geglaubt?

      Es kam letztlich für die meisten überraschender, als man denkt, auch wenn die Zeichen der Zeit deutlichst auf das drohende Inferno hingewiesen hatten. In den Krisengebieten eskalierten täglich die Straßenkämpfe unter den machthungrigen Blicken der Regierenden. Bürgerkriege der Nationen untereinander gepaart mit Milizen und Söldnern, eingesetzt von der Obrigkeit, benötigten weniger als ein Jahrzehnt, um den Orient mit dem Okzident in einen globalen Krieg zu stürzen. Ich erinnere mich noch gut, wie hochgepokert und selbstsicher die Drohungen einiger Staatschefs daher dröhnten. Den „globalen Weltfrieden mit aller Härte wahren“ so blasphemisch tönten sie. Hah, sieh, dieses Wahlmotto kannst du sogar noch auf dem ausgeblichenen Banner über dem Portal des Rathauses entziffern. Wie paradox, dass ein einfaches Stück Stoff die Menschheit überlebt hat. Vermutlich wird es noch weitere zehn Jahre dort baumeln – lange, nachdem auch uns das Zeitliche gesegnet hat.

      Was geschah nun weiter. Der Westen ließ sich nicht sehr lange zum Narren halten, wollte mitrühren im höchsten Waschgang dieser zu explodieren drohenden Maschine. Er handelte schnell, sicher und rigoros. Erinnerst du dich an die Waffen der Militanten aus den Wüstenkriegen und dem Feldzug der Ostmacht? Natürlich, wie konntest du dich auch nicht erinnern, du hattest sie selbst bekämpft! Und nun sitzt du vor mir, in deiner zerschlissener Camouflage-Uniform, von der Aufopferung übermannt und schlaftrunken. Du lächelst, doch vergiss was ich sagte. Diese Waffen sind es nicht, die uns Menschen dahinraffte. Es ist nicht mehr nachvollziehbar, wer letztlich den Befehl gab. Irgendwo in einem winzigen Loch tief verborgen unter der Erdoberfläche wird ein dreckiger kleiner Befehlshaber seine Fäden im richtigen Augenblick gezogen haben. Der rote Knopf – die Kaboom-Taste, wenn du so willst – war der einzige Warnhinweis für den Adjutanten ihn nicht zu betätigen. Und doch folgte er brav seinem Befehl.

      Erst gab es ein starkes Gewitterblitzen, gefolgt von ohrenbetäubendem Donnergrollen und dem grellsten Licht, das je ein Mensch zu Gesicht bekam. Wer da nicht im rechten Augenblick die Augen abgewandt hatte – glaube mir – der ist sein Lebtag blind. Doch vermutlich hat die Explosion im Umkreis von mehreren tausend Kilometern ohnehin keiner überlebt. Das, was bei uns ‚Ausmaß der Zerstörung‘ genannt wird, ist nur die Spitzen des zertrümmerten Eisbergs. Ausgehend von dem, was wir hier sehen – die Überreste unserer Stadt – können wir davon ausgehen, dass die Bombe irgendwo im pazifischen Ozean hochgegangen ist und die Druckwelle sich unterirdisch fortbewegte. Wie Wellen durch einen See, in den du einen Stein geworfen hast. Doch wäre dies nicht schon schlimm genug, hat die verpestete Luft den meisten Ungläubigen den Rest gegeben. Eindeutig nuklearen Ursprungs, wie sonst lässt sich das abrupte Baumsterben kurz nach dem ‚Urknall‘ manifestiert. Aber schau, dieses Unkraut vor unseren Füßen, es ist so zierlich und doch hat es die natürliche Kraft der giftigen Atmosphäre zu trotzen. Wenn du mich fragst, haben die Pflanzen gewonnen – sie gewinnen immer. Es wird allmählich finster, lass uns hineingehen und ich erzähl dir noch den Rest vom Beginn unseres Untergangs – ich sehe, wie du drauf brennst es zu erfahren.
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      Hey :)

      Ich muss dir von vornerein sagen, vielleicht habe ich das ja auch schonmal erwähnt, aber ich lese mir ungern solch Texte durch.
      Das ist nie etwas persönliches oder gar abwertendes. Ich habe es einfach nicht so, mit dieser "Art" an texten, wenn es nicht gerade ein Buch ist :)

      Das nur allgemein!

      Dennoch, habe ich mir diesen Text durchgelesen, da Du ja anscheind unter anderem durch mich inspiration dazu bekamst (Würde mich interessieren wie ich dir diese gab für dieses Thema :D)
      Der Text erinnerte mich am Anfang irgendwie an Silent Hill, wie Du die Umgebung so beschrieben hast, dann aber schlagartig eher Richtung Fallout (Kennst Du das Spiel?)

      Ich fand den Text trotz meiner "Vorurteile" (Ich nenn es mal so, wie gesagt allgemein, nicht bezogen auf Dich!) echt sehr interessant. Gegen mitte und Ende auch eher Fesselnd als Interessant. Also ein kleines Upgrade ;)

      Bisher würde es mich schon interessieren wie es weiter geht, ich kann dir allerdings kein Professionelles Feedback zum schreiben oder dem Stil und der Art geben. In diesem Bereich ist mein Wissen nicht ausgeprägt.
      Aber ich finde die grundstory bisher sehr ansprechend und anhand deiner Ausführungen konnte ich mir die Umgebung auch vorstellen und ich denke das ist genau das was wichtig ist! :)
      Also, weiter machen!
      Lust auf ein wenig THE FOREST?
      Schaut euch doch auf meinen Kanal um, wenn Ihr Interesse habt! :)
      YT: www.youtube.com/user/ProfessorGastLPfacebook.com/ProfessorGast?ref=hl[/url]

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      finde ich sehr gut geschrieben. gerade deine Wortwahl ist zwar nicht einfach aber einleuchtend. Interessante Art und weise textlich Informationen zu verpacken und Bilder zu erzeugen. wenn du irgendwann mal zeit hast geb dir hier im offtopic doch mal bitte "der Dämon in mir". ich glaube durch dein Feedback könnte ich viel lernen.:)
      @ProfessorGast
      vielen Dank für dein Lob :D Ja ich kann mir schon denken, was du dir bei dem Anfangsszenario dachtest in Bezug auf die von dir genannten Titel Silent Hill und Fallout. Natürlich haben Endzeitszenarien selten eine Abweichung, und irgendwo sind sie sich doch sehr gleich. Aber mir ging es hier hauptsächlich um etwas anderes. Ich hoffe dir und allen anderen Lesern mit Verlauf der weiteren Geschichte näher herüberbringen zu können ^^

      @AlphaAffe auch dir vielen herzlichen Dank - würde mich über weitere Kritik von dir auch sehr freuen.

      @chlumpe auch dir vielen Dank für dein Daumenhoch
      :thumbsup:

      Hier nun also die Fortsetzung (Bei Gelegenheit werde ich die einzelnen Teile im Ersten-Thread als PDF einstellen):

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      Die Alte setzte sich auf die zur Rechten des lodernden Kaminofens zusammengezimmerte Holzbank, seufzte unter Schmerzen und knirschendem Gelenkknacken und fand letztlich eine annehmbare Sitzposition während ihre Gesichtszüge sich entspannten.

      „Was liegt dir noch daran, sie bei dir zu tragen?“, erkundigte sie sich bei dem jungen Milizen, der vor ihr auf dem zerschlissenen Schlafsack platznahm und automatisiert das Sturmgewehr in den Schoß legte, zeitgleich verband sich sein rechter Zeigefinger mit dem Abzug, als gehörte er naturgemäß in die abgewetzte Furche des kleinen Stück gebogenen Metalls. Der Soldat blickte verdutzt drein, seine Augen wanderten abwechselnd zur Alten und zurück zur Waffe.
      „Gab es nicht schon genug Tod und Leid durch den Aufmarsch schießwütiger Irrer? Aber ich sehe schon, du würdest sie nicht um alles in der Welt hergeben und ich kann es, zu meinem Bedauern, auch noch verstehen. Wie eine Mutter ihr Neugeborenes sanft in den Armen wiegt und deren leise glucksende Schlaflaute zur Beruhigung fühlt, hältst du dein ‚Baby‘ vor dir – doch es beruhigt dich nicht, ich spüre es.“ Die Alte wandte ihren bohrenden Blick in Richtung des knisternden Provisoriums, das man einst heimisch als Kamin bezeichnete. Jetzt glich es eher einem wild zusammengewürfelten Haufen altroter Backsteine, gepaart mit zerbeulten rußschwarzen Rohren, die wie bizarre Großantennen durch das Wellblechdach auf Nimmerwiedersehen entschwanden.

      „Vor ein paar Jahren“, erbebte die Stimme der alten heiser und ehrfürchtig, „hatte ich das zweifelhafte Vergnügen einen der ranghöheren Befehlshaber der Westmächte kennenzulernen. Er erkundete mit seinem Tross sichtlich vom Krieg gezeichneter junger Soldaten unser Camp. Damals, du kannst dich sicherlich nicht mehr daran erinnern, als wir noch fast 30 Mann stark waren, schlug er mit seinen Männern das nächtliche Lager in unseren Reihen auf. Wir gaben ihnen von unseren wenigen Vorräten zu essen – nicht, dass wir eine Wahl hätten, das neue Kriegsgesetzt befahl allen Zivilisten die Miliz mit allen Mitteln zu unterstützen, alles „für den Kampf gegen den Feind“, wie es so schön hieß. Doch war niemandem bewusst, dass sie letztlich nur gegen sich selbst kämpften, gegen die eigenen Reihen, gegen den Hunger, den Durst, gegen das Sterben.

      Unter den Soldaten des Kommandanten befanden sich drei der merkwürdigsten Männer, die ich jemals zu Gesicht bekam. Einer dieser drei war ein junger Mann, ja, er sah dir sogar ein bisschen ähnlich. Sein Körper schien keineswegs durch die Wunden des Krieges gebrandmarkt worden zu sein. Nicht einmal das trostlose Blass in den Augen unzähliger anderer war bei ihm zu erkennen. Zunächst nahm ich an, er war erst seit ein paar Wochen für die Miliz tätig, wussten seine Kameraden jedoch bereits waghalsige Geschichten zu berichten. Voller Euphorie tönten sie, prahlten beinahe schon mit den heroischen Taten ihres Mitstreiters. Mit der Zeit erfuhr ich dann auch, dass sie ihren jungen Kumpan ‚tacita‘ nannten, was wohl an das lateinische Wort für ‚Verschwiegenheit‘ anlehnte. Vermutlich kannten sie seinen Namen nicht, wenn er ihn überhaupt selbst noch kannte. Viele gaben sich schon während der letzten verheerenden Gefechte zum Eigenschutz andere Namen – wen interessiert es auch, wenn jede Existenz auf Erden auf dem Papier ausgelöscht wurde? War die Zerstörung jedes Dokuments auf der Welt die erste Handlung der Dämonen, die diesen Krieg begannen.

      Die anderen beiden, ein Kameruner mit den abartigste Verbrennungen am Oberkörper, das es einen das Blut in den Adern gefrieren ließ, dessen blasphemischer Spitzname ‚Undark‘ lautete und sein treuer Mittfünfziger osteuropäischer Kompagnon ‚Uselic‘ – wohl eine Zusammensetzung aus dem englischen Wort für ‚nützlich‘ und der häufig serbisch/kroatischen Namensendung – bewegten sich nur selten von Tacitas Seite. Zusammen jedoch galten sie als das unschlagbarste Team in der gesamten Truppe des Kommandanten und er zeigte stets seine Dankbarkeit, in dem er ihnen die Freiheiten ließ, die Männer in Zeiten des Krieges nur selten genießen konnten.“
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      Und noch ein wenig weiter ...
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      Die Alte fuhr fort: „Tacita war ein ruhiger Bursche, der, so laut und fröhlich es um ihn herum auch zuging, stets würdevoll und doch mit einem Lächeln auf den Lippen dabei saß und schweigend den Zauber des gemütlichen Zusammenseins genoss. Wenn er ein Wort wechselte, dann höchstens mit seinem Kommandanten oder eine unserer Frauen, die parabolisch für das letzte bisschen Achtung, alles mit sich machen ließen. Mit der Zeit ihres mehrtätigen Aufenthalts begann ich diesen seltsamen Trupp zu mögen, ich kann es dir nicht erklären, doch waren sie eine Art Lichtblick für mich in dieser finsteren Zeit des Untergangs.

      Eines Nachts, es muss Vollmond gewesen sein, denn Nebelschwaden wirbelnden kunstvoll durch die Gänge zwischen den Baracken hindurch, weckte mich das weitentfernte leise und doch irgendwie gut hörbare Klicken einer Waffe, deren leere Kammern unter stillem Getöse abgefeuert wurden. Trotz jeder Warnung, verließ ich meinen Schlafplatz, warf mir eine zerfetzt Wolldecke zum Schutz vor Unterkühlung über und wandte mich in Richtung des Geräuschs. *klick*. Aus einer der Ecken zwischen den Baracken waren deutliche Umrisse einer Gestalt zu erkennen, die vor einer Feuertonne seinen flackernden Schatten tanzen ließ. *klick*. In Anbetracht der allgemeinen Gefährlichkeit des Nachts, den Schutz des Schlafplatzes zu verlassen, bemühte ich mich so leise wie möglich, im großen Bogen auf die verwinkelte Ecke zwischen den Bauten zuzugehen. Stets bemüht im Schatten zu bleiben und um nichts zu riskieren mein Dasein preiszugeben. *klick*.

      In dem Moment, als ich geradewegs auf die brennende Tonne mit der davor hockenden halbnackten Gestalt blicken konnte, ertönte das mir wohlbekannte Geräusch einer Waffe, dessen Sicherungsbolzen gerade in Feuerstellung gebracht und mir unmittelbar danach an die rechte Schläfe gedrückt wurde, sodass mein Kopf sich automatisch zur Seite neigte.“ – die Alte vollführte die Geste einer Hand die geradewegs zur Pistole geformt an die eigene Schläfe gehalten wurde – „Nicht etwa starr vor Angst, viel mehr vor Ungeduld meinem Peiniger entgegen zu treten, rollte ich ganz bewusst mit den Augen und bat ihn diese kindische Spielerei zu unterlassen. Ich vernahm in diesem Moment deutlich das schnaufende Geräusch eines vor Verachtung grinsenden Mundes. Undark trat zu meiner Linken ins Sichtfeld und verdeckte mir ganz bewusst die Sicht auf den Dritten, der sich noch immer an der brennenden Tonne zu schaffen machte. Nicht ganz Akzentfrei deutete mir der Kameruner ich soll gefälligst die Klappe halten und mich nicht bewegen. Du kannst dir vorstellen, dass dies nicht die erste „Guter Bube, böser Bube“-Situation für mich war. In den letzten Jahren sind mir schon viele derartiger Möchtegerncowboys untergekommen und alle haben sie dem Druck nicht standgehalten – doch diese waren anders. Diese Jungs brüteten etwas aus, das spürte ich.

      Aus den Augenwinkeln erkannte ich, dass die Gestalt am Lagerfeuertank aufgestanden war und sich uns mit bedächtigen Schritten näherte. Letztlich legte er Undark die Hand auf die Schulter und schob ihn leicht von sich. Tacita, der im hellen Schein des Feuers wie der Teufel höchst persönlich aussah, kam nun ganz bewusst und mit seiner Knarre in der gesenkten Linken auf mich zu. Noch in den letzten Bewegungen hob er seinen Arm und legte mir den Lauf seiner Waffe an die Stirn. Sein schmutziges aber trotz dieser brenzlichen Begebenheiten liebevolles Gesicht strahlte mich euphorisch und gleichzeitig mit wahnsinnigen Blicken an. Es ist kaum erklärlich, wie ich diesen starrenden Augen entkommen konnte. Tacita lächelte, deutete mit seiner rechten Hand zu Undark, der aus meinem Blickwinkel entschwand. Mit der Linken deutete er seinem zweiten Gehilfen er möge gleichfalls verschwinden. Zwar konnte ich ihn nicht identifizieren, doch wer, sage mir, sollte es anderes gewesen sein als Uselic. Der Soldat vor mir drückte mir seine Waffe intensiver gegen die Stirn und befahl mir unmissverständlich einige Schritte zurück zu tun. Hinter mir, ich war mir ziemlich sicher, befand sich nichts, außer der typische Unrat eines Flüchtlingslagers. Ich spürte in dem Moment, dass mein Körper begann zu zittern und zeitgleich, dass mir die Nerven allmählich entglitten.“ – die Alte machte eine ehrfürchtige Pause.
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      Ich hab gerade ein Ellen langes Feedback verfasst bis aus irgend einem Grund wieder alles verschwunden ist....
      Ich nutze diese Zitatfunktion einfach nie mehr, die ist anscheinend mega verbuggt...
      Darum hier noch einmal in aller kürze:

      "Wie du den Namen "Uselic" und "Undark" erklärt hast, einfach Hochachtung dafür. Ich hatte bei dem einen leichtes entsetzen und beim anderen ein leichtes Grinsen im Gesicht, wie machst du das? :D

      Dann direkt die erste Passage: Weltklasse! Wie der Milizionär mit seinem "Baby" beschrieben wird ist einfach nur stark. Direkt am anfang wieder absolutes Kopfkino und sehr düstere Lagerfeuerstimmung wenn man das so nennen will.

      ZITAT: Doch war niemandem bewusst, dass sie letztlich nur gegen sich selbst kämpften, gegen die eigenen Reihen, gegen den Hunger, den Durst, gegen das Sterben.

      Mit diesem Satz nimmst du sofort den Sinn aus dem Kampf den die Protagonisten führen, was die Situation Weltlich gesehen noch verzweifelter da stellt. Ich hoffe man versteht wie ich das meine. ^^

      In der letzten Passage baust du richtig Spannung auf. Ich dachte wirklich der Hauptprotagonist würde als ich Erzähler aus dem jenseits Fungieren, bis mir wieder einfällt das er am Lagerfeuer sitzt! Du spielst äußerst geschickt mit den Sprüngen zwischen Erzählung und Erzählung der Erzählung. :)
      Ich freue mich definitiv zu erfahren wie es hier weiter geht! Find ich übrigens echt blöd von dir das du an der spannendsten Stelle aufhörst! :D
      @AlphaAffe
      wow, danke für deine Zuversicht ^^ . Ich bin echt froh, dass sie so positiv angekommen ist!
      Wenn ich nicht mit der Spannung arbeiten würde, hätte ich bald niemand mehr, der meine Texte liest :D

      Sei es drum, ich hab heute einen Lauf, d. h. es folgt noch mindestens Teil 4 - ich wünsche viel Vergnügen:

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      Dann fuhr sie bedächtig mit brechender Stimme und sichtlichem Seelenschmerz fort: „Meine Füße verloren beinahe den halt, während mein Oberkörper nach hinten gedrängt wurde. Vergebens suchte ich nach halt und fuchtelte panisch wie unkontrolliert hinter meinem Rücken. Tacita zuckte nicht einmal mit den Wimpern, als ich hilflos rückwärts stolperte und meine Arme hochriss. Der Aufprall auf einen Stapel dünner Bretter und verrosteter Blechdosen brachte mir einige tiefe Schnittwunden an Armen und Rücken ein, denen ich mich jedoch erst viel später bewusst wurde. Aufgrund des Schocks hatte ich für einen kurzen Moment die Augen geschlossen. Als ich hinaufblickte, richtete Tacita den Lauf seiner Waffe nun direkt zwischen meine Augenbrauen – mein Pulsschlag befand sich unlängst in einem nicht mehr messbaren Bereich und mein Körper entlud so unendlich viel Adrenalin, das es explosionsartig in meinen Kopf schoss – er grinste hämisch und drückte ab. *klick*. Die Kammer der Waffe – sie war leer. Aus vollster Kehle lachte Tacita mich an, riss dabei seinen Kopf hoch und verschluckte sich beinahe an seinem eigenen Speichel, der in kleinen Spritzern aus seiner Kehle hüpfte. Er beruhigt sich, schaute mich abermals hämisch grinsend an, lud die Pistole nach, hielt nun eher sporadisch als fanatisch den Lauf an meine Stirn und drückte erneut ab. *klick*. Und ein letztes mal. *klick*.“

      Anders jedweder Annahme, hatte der Milizionär, der zu Füßen der Alten am Kaminofen saß, ganz unbewusst sein Kind mit dem stählernen Lauf auf den Boden gelegt, und lauschte gebannt der Frau, die zwar allgemein als ‚die Alte‘ bekannt war, doch ganz zu Unrecht diesen Titel trug. Er stellte fest, dass allein die Strapazen, die sie als Kriegerin und als Flüchtende durchlebte, ihren Körper auf ein instabiles Niveau einer Achtzigjährigen gebracht hatten. Er vermochte angesichts ihrer lebhaften Erzählung nicht genau sagen, wie alt sie tatsächlich war – doch älter als 50, da war er sich sicher, konnte sie keinesfalls sein. Seine Überlegungen wurden kurzerhand von der Fortsetzung seiner neuen Ikone unterbrochen:

      „Hörst du? Ich hatte Angst, gottverdammte Angst, dieser Wahnsinnige würde mir das Gehirn wegpusten! Doch es geschah, das Tacita ein Sinneswandel überkam – er blickte urplötzlich freundlich drein, steckte seine Pistole in den Halfter und reichte mir seine linke Hand als Geste der Freundschaft. Kannst du dir diesen Irrsinn vorstellen? Tränen rannen mir über die Wangen und ich weiß noch, dass das Wegwischen dieser Sturzbäche die erste Handlung war, an die ich mich bewusst erinnern kann. Seine Hand schlug ich aus, was ihn keineswegs zu beeindrucken schien, rappelte mich auf und ging eines schnellen aber wackeligen Schrittes zurück auf den Weg in meine Baracke. Tacita gab keinen Laut von sich und blieb bewegungslos in der Finsternis der Nacht zurück.

      In den darauffolgenden Tagen und Nächten war an das Hinausgehen nicht zu denken. Ein heftiger Sandsturm traf uns unerwartet aus westlicher Richtung, für einige wenige von uns kam die Warnung zu spät. Du erinnerst dich an Marv, unseren Koch?“ – unterbrach sie fragend ihren Monolog, bis der junge Soldat zustimmend mit dem Kopf nickte – „er wurde mit einigen anderen entsandt, um für die wöchentliche Vorratsspeicherung zu sorgen. Draußen, vor der Stadt, am abgesackten Areal mit den abgestorbenen Pinien, schlug der Sturm ungnädig zu. Von den sechs Opfern, fanden wir gerade einmal drei zerfetzte Leiber. Herr Gott, wir können uns bis heute nicht sicher sein, ob sie wirklich von Marv’s Truppe stammen. Die plötzlichen Stürme sind auch ein Resultat des Krieges – ja, schau mich nicht so ungläubig an – durch die Explosion im Pazifik wurden unter See kilometerlange Krater freigelegt, die wie Kanäle die Hitze im Erdkern zu exorbitanten Flutströmen zusammentragen. Bis zu dem Punkt, an dem eine Wand Erdgesteins sie senkrecht durch den Ozean, an die Wasseroberfläche und darüber hinaus in den wolkenbehangenen Himmel leitet. Das hunderte Grad heiße Wasser verdammt quasi unverzüglich und bringt die Luftmassen zum Wirbeln. Die natürlichen Luftströmungen tun ihr übriges, um diese Stürme über Land zu tragen. Und anhand der Lage unserer Stadt, mehrere hunderte Kilometer im Landesinnern, bekommst du nur eine annähernde Vorstellung von dem was die Stürme auf flachen Ebenen anrichten können.

      Wir beerdigten die sterblichen Überreste unserer Kameraden im verseuchten Boden. Der Pastor hielt seine übliche lieblose Rede, bekreuzigte sich vor den Gräbern und verschwand wieder im Frauenhaus. An diesen Tagen war es im Camp totenstill. Keiner redete ein Wort, wenn es nicht absolut notwendig war. Selbst Tacita und sein Trupp schien der Verlust der tapferen Männer und Frauen nahe zu gehen. Sie beteiligten sich zwar in keinster Weise an den täglichen Arbeiten im Camp, doch wenigstens richteten sie beim Herumlungern keinen Schaden an. Seit dem Vorfall mit Tacita, seiner Pistole und mir, beobachtete ich die drei ständig. Und sie beobachteten mich. Es war nur eine Frage der Zeit, bis etwas noch schlimmeres passieren würde - ein Gefühl der Hilflosigkeit, das ich so noch nicht kannte, machte sich breit.“
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      Seid bitte gewarnt, aber jetzt wird es zu einer FSK 16 Erzählung.
      Teil 5 ^^

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      Das Holz knisterte geräuschvoll im Ofen, als die Alte einige Briketts nachlegte. Sie blieb vor dem Kamin knien und schaute geistesabwesend ins Feuer. Abseits ihrer Gedanken sagte sie leise: „Feuer … Feuer reinigt - erstaunlich, findest du nicht?“ – der junge Milizionär war sich nicht sicher, ob er ihre Worte richtig verstanden hatte und erkundigte sich dezent nach einer Wiederholung. Seine Geduld wurde jedoch nicht belohnt und so blickte er sich unsicher um, zum Kamin, im Raum, zur rostigen Tür. Unbehagen breitete sich munter in seiner Magengegend aus und er war sich nicht sicher, ob er sogleich das richtige tun würde. Er erhob sich, tat zwei Schritte und legte ganz behutsam seine Hand auf die Schulter der Alten. Sie erschrak, starrte ihn mit leblosen Augen an – ihre karminroten Lippen bebten. Letztlich legte sie ihre Hand auf seine und atmete tief durch. Nach wenigen Augenblicken nahmen beide erneut ihre Sitzpositionen ein und die Alte fuhr fort.

      „In der Nacht unmittelbar nach der Beerdigung wurden wir durch einen markerschütternden Schrei geweckt. Wir rannten in Richtung der Überreste eines zerfallenen Brunnens und erblickten so gleich das Ausmaß einer Selbsttötung. Helena war als erstes bei dem leblosen Körper des Mannes. Mit grauenvoll schmerzverzerrtem Gesicht beugte sie sich über den toten Leib, aus dessen Brustkorb eine spitze Eisenstange gen Nachthimmel hinausragte. Als wir näher kamen – stets unter dem Getöse der jungen Hochschwangeren, deren zerschlissenes Kleid unlängst vom Blut des Toten besudelt war – stellten wir fest, dass es Helenas Verlobter war. Schnell bemühten sich die Männer sie vom Toten behutsam wegzuziehen, doch mit all ihrer Kraft stemmte sie sich weg und umklammerte den Leichnam.“ – die Alte schüttelte traurig ihren Kopf – „er war erst 19, ein Junge mit Visionen, stets Einfühlsam und Beständig in seinem Tun. Mir blieb es lange Zeit ein Rätsel, wie er es fertigbrachte, sich umzubringen. Helena war ein Kind, als ihre Eltern getötet wurden – es war in ihrem ohnehin labilen Zustand nur eine Frage der Zeit, bis ein winziger Funke ihr Dasein vernichten würde. Helena wurde lethargisch, unterhielt sich mit niemand außer sich selbst, wollte mit keinem ihr Leid teilen. Bis …“ – die Alte schluckte hörbar – „bis dieser verdammte Hurensohn sie …“ – wieder schluckte sie, mit tränenunterlaufenen Augenlidern und brüchiger Stimme – „Uselic und Undark fanden mehr und mehr Gefallen daran Tacitas Handlanger zu werden. Es fiel ihnen nicht schwer, angesichts dieser ‚leichten Beute‘ zu Schweinen zu werden. Während der Kameruner und der ‚nützliche‘ Serbenkroate vor einem der unbewohnten Bauten Wache schoben – fernab der Hauptunterkünfte – vernahm ich wieder dieses wahnsinnige Gackern Tacitas. Trotz der Entfernung konnte ich ihn eindeutig identifizieren, daran bestand keinen Zweifel. Als ich mich abermals des Nachts allein in Richtung der Schemen begab, wollte ich dieses Mal nichts dem Zufall überlassen.

      Mit dem Revolver in der Rechten und einem Stahlrohr in der Linken beobachtete ich das furiose Treiben der drei aus zunächst sicherer Entfernung. Undark verschwand als erstes auf Patrouille hinter den das Camp umgebenden Holzpalisaden. Uselic, ein stämmiger untersetzter Bursche, zündete sich eine Kippe an. Das winzige Glimmen der Zigarette flammte je Atemzug auf und ab. Tacita brüllte aus dem Innern der bewachten Baracke etwas Unverständliches und Schlug dem kreischenden Mädchen ins Gesicht – eine weitere unvergessliche Erinnerung an die Unwirklichkeit dieser Realität – just in dem Moment, als auch Uselic einen Blick durch die dürftig zusammengezimmerten löchrigen Wände der Hütte erhaschen wollte, rannte ich auf ihn zu, holte aus und verpasste ihm eine gewaltige Beule am Hinterkopf. Ich versuchte Uselic aufzufangen und behutsam zu Boden zu legen, doch schon im nächsten Augenblick presste Tacita die Tür nach außen auf, hob deren rostige Scharniere beinahe aus ihren Angeln und stierte mich mit seinen irrsinnigen Augen an. Sein Blick fiel als erstes auf seinen Kumpan, dann lächelte er ausdruckslos und – ich werde bis heute nicht fertig über diese Dreistigkeit - fragte mich, ob ich noch bei Sinnen sei, einen unschuldigen Soldaten niederzuschlagen. Ich drängelte mich an Tacita vorbei in die Bretterbude – sie war leer. Den in der Hütte befindlichen Unrat umherwirbelnd ereilte mich nackte Angst – nichts, nicht die Spur eines Kampfes oder einer weiteren Person! Wie habe ich mir den Tumult wenige Augenblicke zuvor nur einbilden können?

      Am nächsten Morgen führte ich ein sehr langes Gespräch mit unserem einzigen Sanitäter des Camps. Er erklärte mir, dass Helena die ganze Nacht über fiebrig auf der Pritsche neben dem Medikamentenschrank lag und sich mit Sicherheit nicht wegbewegt haben konnte. Helena hielt danach noch drei Tage und Nächte durch, gerade lang genug, um ein gesundes Mädchen zur Welt zu bringen, dass in diese abscheuliche Apokalypse hineingeboren und dennoch als ein Keim der Hoffnung angesehen wurde.“ – die Alte verfiel in ein unnahbares Schweigen, wie eine Schallschutzmauer breitete sich die nächtliche Stille um sie herum aus.
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      MEEEEEHRR.....da will man nicht aufhören zu lesen....deine Wortwahl lässt es schon fast egal werden über was du schreibst, es ist so Emotionsgeladen, so lebhaft beschrieben, dass ich die Trauer, die Angst, ja sogar die Hand auf der Schulter und das tröstende Gefühl dieser Geste spüren konnte. Obwohl die Handlung selbst für meinen Geschmack noch recht langweilig an sich ist, ist es dennoch so lebhaft geschrieben, das ich vollkommen in die Situation eintauche und es als tatsächlich existent empfinde....und du hast ein Szenario geschaffen, dass ich mir in gar nicht mal all zu langer Zukunft sogar vorstellen kann, die Aktuelle Anspannung in der Welt in "wenige" Worte gefasst, wie man es kaum einem Tolkin zutrauen würde.....